Hodenhochstand (Kryptorchismus), wenn sich der Hoden während der Entwicklung nicht in den Hodensack senkt.


Unter einem Hodenhochstand (Maldescensus testis) versteht man die angeborene, falsche Lage des Hodens. Diese kann sowohl ein- als auch beidseitig auftreten. Während der Embryonalentwicklung wandern die Hoden aus dem Bauchraum bis in den Hodensack. Entlang dieser Abstiegsstrecke können die Hoden auch verbleiben. Man unterscheidet je nach Lage den Bauchhoden, den Leistenhoden und den Gleithoden. Beim Gleithoden ist der Hoden im Bereich der Leiste, lässt sich aber in den Hodensack mobilisieren. Eine Lage der Hoden außerhalb der Abstiegsstrecke ist ebenfalls möglich. Diese wird als Hodenektopie bezeichnet.
Bei einem Hodenhochstand oder dem Verdacht auf einen Hodenhochstand sollte man zu einem Facharzt für Kinderheilkunde (Kinderarzt) gehen.
In der Regel wird ein Hodenhochstand unmittelbar nach der Geburt diagnostiziert.
Ein Hochstand des Hodens kann viele Ursachen haben, die sich oftmals nicht eindeutig bestimmen lassen können.
Normalerweise entstehen die Hoden während der Embryonalentwicklung im Bauchraum auf Höhe der Nieren und wandern etwa im 7. Schwangerschaftsmonat Richtung Hodensack.
In manchen Fällen kann einer oder beide Hoden auf diesem Weg stecken bleiben oder aber der Reiz, weiterzuwandern, bleibt aus.
Dem können neben hormonellen Ursachen auch andere zugrunde liegen.
Genetische Faktoren
In vielen Fällen ist eine genetische Veränderung der Auslöser.
Dabei sollte unterschieden werden, ob es sich um eine isolierte Störung handelt, oder ob der fehlende Hodenabstieg ein Symptom anderer genetischer Erkrankungen ist, die mit einer gestörten Entwicklung einhergehen.
Anatomische Gegebenheiten
Andere mögliche Ursachen sind anatomische Engstellen oder Fehlbildungen, die sowohl im Bauchraum selbst als auch im Leistenkanal vorliegen können.
Dadurch wird der Abstieg des Hodens mechanisch auf seinem Weg behindert.
Hormonelle Veränderungen
Ein anderer wichtiger Grund für einen Hodenhochstand sind hormonelle Veränderungen, die sowohl die schwangere Mutter, als auch den ungeborenen Jungen betreffen können.
Während der Schwangerschaft spielt das Hormon HCG (humanes Choriongonadotropin) eine wichtige Rolle.
Es sorgt dafür, dass sich der Hoden aus dem Bauchraum Richtung Hodensack senkt.
Ein Mangel während der Schwangerschaft kann daher die natürliche Entwicklung des Kindes verhindern oder verzögern und dadurch zu einem fehlerhaften Hodenabstieg führen.
Auch ein Mangel an dem Geschlechtshormon Testosteron kann bei dem ungeborenen Jungen zu einem Hodenhochstand führen.
Das Hormon GnRH (Gonadotropin Releasing Hormon) spielt hierbei ebenfalls eine wichtige Rolle.
Frühgeburt
Wird das Kind wegen einer Frühgeburt noch vor seiner abschließenden Reifeentwicklung geboren, so kann dies ebenfalls zu einem Hodenhochstand führen.
In der Regel wandern die Hoden ab dem 7.Schwangerschaftsmonat in Richtung Hodensack.
Bei einer Geburt vor dem 7.Schwangerschaftsmonat ist daher ein Hodenhochstand meist immer vorhanden.
Äußere Faktoren
Äußere Einflüsse können ebenfalls zu einem Hodenhochstand führen.
Zu den möglichen Risikofaktoren zählen hierbei Rauchen und Alkoholkonsum während der Schwangerschaft, Diabetes bei der werdenden Mutter (→ Diabetes in der Schwangerschaft) oder Umweltfaktoren wie Insektizide oder Pestizide.
Um mögliche Komplikationen und unerwünschte Reaktionen zu vermeiden, sollte daher auf die Risikofaktoren verzichtet und eine gesunde Lebensweise angestrebt werden.
In der Regel ist ein Hodenhochstand für die betroffenen Jungen nicht schmerzhaft und geht daher ohne Symptome einher.
Lediglich das Abtasten der Hoden im Hodensack ist verändert und führt daher zur Diagnose Hodenhochstand.
Ein Hodenhochstand ist in der Regel angeboren und tritt nur in sehr seltenen Fällen im Laufe des Lebens auf.
Daher kann er oftmals während der U1 - Untersuchung direkt nach der Geburt festgestellt werden.
Palpation (Abtasten)
Der behandelnde Arzt kontrolliert im Rahmen einer körperlichen Untersuchung den Hodensack und kann durch Tasten das Fehlen eines oder beider Hoden feststellen.
Anschließend wird der Leistenkanal und der Bauchraum abgetastet, um einen möglichen Hodenhochstand zu diagnostizieren.
Findet der Arzt den Hoden außerhalb des Hodensacks, so kann er versuchen, ihn manuell durch sanftes Ausstreichen an die richtige Position zu bringen.
Hormonstimulationstest
Ist der Hoden nicht auffindbar, so kann ein Hormonstimulationstest zeigen, ob sich überhaupt Hodengewebe im Körper des Jungen befindet.
Bildgebung
Ist dieser positiv, so können bildgebende Diagnostiken, wie ein Ultraschall oder eine MRT (Magnetresonanztomographie) zur weiteren Diagnostik helfen.
Bauchspiegelung
In manchen Fällen ist auch eine sogenannte Laparoskopie (Bauchspiegelung) notwendig, bei der durch kleine Schnitte der gesamte Bauchraum abgesucht werden kann.
Diese Methode dient nicht nur zur Diagnostik, sondern auch zur Behebung des Hodenhochstandes.
Die Behandlung eines Hodenhochstandes ist essentiell und unausweichlich.
Sie hat das Ziel, den falsch positionierten Hoden frühzeitig in den Hodensack zu verlagern und somit spätere Komplikationen zu reduzieren.
Die Temperaturen im Hodensack sind niedriger als in der Bauchhöhle, weshalb die Hoden unbedingt in den Hodensack zurück reponiert werden müssen, damit sie ihre Funktionen richtig ausführen können. Daher sollte die Therapie unbedingt spätestens mit Vollendung des zwölften Lebensmonats abgeschlossen sein.
In der ersten Hälfte des ersten Lebensjahres wartet man allerdings ab, ob der Hoden selbständig absteigt. Ist dies nicht der Fall, so können zwei unterschiedliche Behandlungsmethoden angewendet werden, um den Hodenhochstand zu behandeln.
Als konservative Methode hat sich dabei eine Hormontherapie bewährt, wobei eine operative Verlagerung des Hodens bessere Erfolgsaussichten mit sich bringt.
Bei einer Hormontherapie werden dem Jungen spezielle Hormone injiziert, die auch für den natürlichen Hodenabstieg während der Embryonalentwicklung zuständig sind.
Dabei handelt es sich um HCG (humanes Choriongonadotropin) und GnRH (Gonadotropin Releasing Hormone).
Sie können als Kombination oder einzeln verabreicht werden.
Das HCG kann hierbei als Spritze injiziert werden und das GnRH als Nasenspray.
In der Regel ist eine Hormontherapie nur dann sinnvoll, wenn sich der Hoden bereits in der Nähe des Hodensacks befindet.
Sie bringt allerdings auch viele Nebenwirkungen mit, die mit Schmerzen im Genitalbereich oder dem Wachsen von Schamhaaren einhergehen können.
Die bessere Erfolgschance hat eine Operation.
Dabei kann zwischen einer laparoskopischen Methode und einer offenen Operation unterschieden werden.
Bei der Laparoskopie kann mittels Instrumenten, die unter anderem eine Kamera und eine Lichtquelle beinhalten, der Bauchraum auf den Hoden untersucht und direkt behandelt werden.
Befindet sich der Hoden allerdings in der Leistengegend, so eignet sich vor allem die offene Operation, bei der die Leiste operativ eröffnet wird. → siehe Abschnitt Operation
Die Operation eines Hodenhochstandes ist oftmals die bevorzugte Therapieoption, da sie größere Erfolgsaussichten hat als die Hormontherapie.
Eine Operation sollte auch durchgeführt werden, wenn eine Hormontherapie keinen Erfolg gebracht hat oder wenn der Hoden sich nicht entlang Abstiegsstrecke befindet (Hodenektopie).
Je nach Lage des Hodens können entweder eine offene Operation oder eine laparoskopische Operation durchgeführt werden.
Zur Vorbereitung auf die Operation gehört eine Aufklärung über die Operationsrisiken.
Zu den Risiken bei einer OP bei Hodenhochstand gehören Schrumpfhoden (durch Verletzung zuführender Gefäße), Durchtrennung des Samenleiters mit Unfruchtbarkeit, ein erneuter Hodenhochstand sowie allgemeine Komplikationen wie Blutung, Wundheilungsstörungen und Infektionen.
Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Komplikation sehr selten und das Operationsverfahren gilt als sehr sicher.
Die Operation findet unter Vollnarkose statt.
Es wird ein Schnitt in der Leiste gesetzt und der Hoden wird freigelegt. Im nächsten Schritt wird der Hoden in den Hodensack verlagert und dort fixiert. Im Anschluss wird die Wunde wieder verschlossen.
Bei der laparoskopischen Operation werden mehrere kleine Schnitte im Bereich des Bauchraumes bzw. des Unterbauches für Kamera und Instrumente gesetzt. Es erfolgt ebenfalls das Freilegen und Verlagern des Hodens in den Hodensack. Im Anschluss wird der Hoden fixiert und die Wunden werden verschlossen. Je nach Lage des Hodens kann manchmal nur die Freilegung und Mobilisierung des Hodens durchgeführt werden und in zweiter OP dann die Verlagerung in Hodensack.
Die Dauer beider Operationen dauert in der Regel etwa 45 Minuten.
Die Operation erfolgt meist als ambulante Operation und daher darf das Kind noch am selben Tag nach Hause gehen. Einige Tage nach der Operation sollte eine Kontrolluntersuchung stattfinden, um den Heilungsprozess zu beurteilen.
Die Kosten für diese Operation werden von der Krankenkasse übernommen, da der Eingriff medizinisch notwendig ist.
Die Prognose bei einem Hodenhochstand ist gut.
In der Regel ist es jedoch notwendig, einen Hodenhochstand operativ zu korrigieren und den Hoden in den Hodensack zu verlagern. (→ siehe Abschnitt Operation)
In manchen Fällen steigt der Hoden selbständig in den ersten Lebensmonaten ab und liegt an der richtigen Stelle.
Allerdings ist das nur bei etwa 7 % aller Betroffenen der Fall.
Wird der Hodenhochstand rechtzeitig behandelt, so kann das Risiko für schwerwiegende Komplikationen, die bei einem Hodenhochstand auftreten können, reduziert werden.
Unfruchtbarkeit und Hodentumore treten dann mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit auf, allerdings bleibt ein Restrisiko bestehen.
Wurde der Hodenhochstand erfolgreich korrigiert, so ist es wichtig regelmäßig auf Veränderungen am Hoden zu achten und diesen selbst zu tasten.
Auch nach erfolgreicher Operation bleibt ein Restrisiko an einem Hodentumor zu erkranken und sollte daher möglichst früh erkannt werden.
Daher sollten Jungen, die früher an einem Hodenhochstand litten, schon früh lernen, die Hoden regelmäßig zu tasten und auf Veränderungen zu achten.
Veränderungen könnten Konsistenzänderungen oder schmerzlose Größenveränderungen sein. Für die Prognose beim Hodentumor gilt: Je früher man ihn erkennt, desto besser stehen die Heilungschancen.
Ein Hodenhochstand, der vor allem unbehandelt bleibt, kann das Risiko für einige schwerwiegende Folgen deutlich erhöhen.
Mögliche Folgen können hierbei eine Unfruchtbarkeit (Unfruchtbarkeit beim Mann), ein Leistenbruch oder eine Hodenverdrehung (Hodentorsion) sein.
Alle betroffenen Jungen weisen auch ein fünf- bis zehnfach erhöhtes Risiko auf, an Hodenkrebs zu erkranken.
Nach erfolgreicher Therapie ist die Prognose eines Hodenhochstandes sehr gut und entstehen in der Regel keine Komplikationen.
Die Wahrscheinlichkeit später an einem Hodentumor oder Unfruchtbarkeit zu leiden ist sehr gering.
Dennoch sollten regelmäßig die Hoden abgetastet werden und nach Veränderungen geschaut werden.
Durch einen Hodenhochstand kommt es neben einem erhöhten Krebsrisiko auch zu einer gesteigerten Wahrscheinlichkeit unfruchtbar zu sein.
Daher bedarf die Diagnose Hodenhochstand unbedingt einer rechtzeitigen Behandlung.
Dabei scheint die rechtzeitige Behandlung eines einseitigen Hodenhochstandes die Fruchtbarkeit nicht wesentlich einzuschränken.
Bei beidseitiger Fehllage ist das Risiko für Unfruchtbarkeit trotz Therapie oftmals erhöht.
Dabei gilt: Je länger der Hodenhochstand besteht, desto ausgeprägter sind oftmals die späteren Einschränkungen der Spermienbildung.
Dauer nach einer OP
Bereits wenige Stunden nach der OP dürfen Eltern ihr Kind wieder mit nach Hause nehmen.
Wichtig ist es, dass das Kind in den ersten Tagen viel liegt und sich möglichst nicht so viel bewegt.
Nach etwa sieben bis zehn Tagen ist auch die Wundheilung abgeschlossen und nach einer Kontrolluntersuchung bei Arzt kann das Kind wieder alles machen, was es will.
Ein Hodenhochstand kann kaum vorgebeugt werden, weder durch einen Arzt noch von der schwangeren Mutter.
Eine gesunde Lebensweise der Mutter in der Schwangerschaft kann allerdings dazu beitragen, das ungeborene Kind vor möglichen Risikofaktoren zu schützen.
Entsteht der Hodenhochstand allerdings durch genetische Ursachen, so kann man diesen nicht verhindern.
Wichtig ist es, sich und seinem Körper am Ende der Schwangerschaft Ruhe zu gönnen, um eine mögliche Frühgeburt zu verhindern und damit einem Hodenhochstand gegebenenfalls entgegenzuwirken.
Der Hodenhochstand kommt fast ausschließlich bei neugeborenen Babys vor.
Daher sollte ein beidseitiger, aber auch einseitiger Hodenhochstand immer beobachtet und gegebenenfalls therapiert werden.
Sollte der Hoden im ersten Halbjahr nach Geburt nicht selbstständig in den Hodensack wandern, so kann eine hormonelle Therapie oder eine Operation notwendig sein.
Daher sollte der Hodensack immer nach der Geburt abgetastet und auf etwaige Fehlanomalien untersucht werden, um rechtzeitig eine mögliche Unfruchtbarkeit zu vermeiden.
Die Therapie sollte dabei bis zur Vollendung des ersten Lebensjahres des Jungen abgeschlossen sein.
Welche Therapie dabei in Frage kommt, entscheidet der behandelnde Arzt zusammen mit den Eltern des Kindes.
Nach einer erfolgreichen Therapie hat der ehemalige Hodenhochstand keine Folgen mehr.
Sollte die Therapie erst später im Leben erfolgt sein oder nicht erfolgt sein hat dies einige Folgen.